Dieter Axmann
Fachanwalt & Strafverteidiger
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Ein wegen Vergewaltigung angeklagter Mann war zu einer Freiheitsstrafe verurteilt worden. Dabei war das Landgericht Stuttgart der belastenden Aussage der betroffenen Frau gefolgt. Aus der Urteilsbegründung ging jedoch nicht klar hervor, warum die Richter sie trotz einiger unrichtiger Angaben für glaubwürdig hielten. Der Bundesgerichtshof hob das Urteil in der Revision auf.
Ein Mann war vom Landgericht Stuttgart wegen Vergewaltigung (177 StGB) verurteilt worden. Er hatte in der Stuttgarter Innenstadt eine Frau kennengelernt. Sie rauchten gemeinsam Marihuana, dann begleitete er sie zu ihrem Zimmer in einem Hostel.
Dort kam es nach Überzeugung des Landgerichts zu folgendem Ablauf des Sexualdelikts: Der Mann weigerte sich zu gehen, als ihn die Frau dazu aufforderte. Stattdessen versuchte er, sich ihr sexuell anzunähern. Er öffnete ihren BH, drückte sie aufs Bett, zog seine Hose und Boxershorts herunter und führte ihr trotz Gegenwehr seinen Penis in den Mund ein. Dabei beschimpfte er sie. Nachdem sie vergeblich um Hilfe gerufen hatte, bot sie ihm an, sich durch Oralverkehr „freizukaufen“. Der Angeklagte wollte jedoch Vaginalverkehr erzwingen, zog ihr Hose und Slip herunter und penetrierte sie. Die Frau konnte sich dann befreien und lief halb nackt aus dem Zimmer. Daraufhin verließ der Mann den Raum und nach weiteren Beschimpfungen auch das Hotel.
Das Urteil des Landgerichts sah eine Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten vor. Der Angeklagte stellte Revisionsantrag beim Bundesgerichthof. Der erste Strafsenat des BGH hob die Feststellungen des Landgerichts zum Tatgeschehen und damit auch den Schuldspruch und die Strafzumessung auf und verwies die Sache zur erneuten Verhandlung zurück.
Im Mittelpunkt der Revisionsentscheidung des BGH stand die Beweiswürdigung des Landgerichts. Die Aussage der Frau hatte gegen die Aussage des Angeklagten gestanden. Er hatte den Ablauf der Geschehnisse zwar teilweise eingeräumt. Ihm zufolge fanden die sexuellen Handlungen jedoch einvernehmlich statt. Durch die belastende Aussage fühlte er sich hereingelegt.
Der Strafsenat des BGH wies darauf hin, dass die Begründung eines Strafurteils besondere Anforderungen erfüllen muss, wenn im Verfahren Aussage gegen Aussage steht und das Gericht nur einer der Seiten folgt. Dem war die Vorinstanz aus Sicht des Revisionsgerichts nicht gerecht geworden. Sie war nicht auf die Darstellung des Angeklagten eingegangen, wonach die sexuellen Handlungen einvernehmlich stattfanden. Auch seine Nachrichten an die Frau nach der Tat wurden nicht angemessen gewürdigt.
Außerdem war das Landgericht von der Glaubwürdigkeit der Belastungszeugin ausgegangen, obwohl diese bei der Vernehmung durch die Polizei und in der Hauptverhandlung zum Teil abweichende Angaben gemacht hatte. So hatte sie den Besuch weiterer Bekannter in ihrem Hotel zunächst verschwiegen. Auch diesen Aspekt hätte das Landgericht zumindest bewerten müssen.
Dieter Axmann ist Fachanwalt für Strafrecht aus Dortmund. Er hat bereits Hunderte von Mandanten gegen den Vorwurf von Sexualdelikten verteidigt und verfügt über umfangreiche Erfahrung im Sexualstrafrecht.